5. Dezember 2025

Die Stadt weiterbauen – im Dialog mit ihrer Geschichte.

Die Stadt weiterbauen – im Dialog mit ihrer Geschichte.

Mitten im Gefüge der Braunschweiger Innenstadt entsteht durch die behutsame Transformation eines ehemaligen Bürogebäudes ein neues Wohn- und Geschäftshaus, das die bestehende Struktur wahrt und zugleich in eine zukunftsfähige Nutzung überführt. Der Entwurf versteht den Bestand nicht als Bruchstelle, sondern als Ausgangspunkt einer Weiterentwicklung, die Nachhaltigkeit, städtebauliche Einbindung und funktionale Anforderungen gleichermaßen berücksichtigt. Durch präzise architektonische Eingriffe wird das Gebäude so transformiert, dass es sich selbstverständlich in den historischen Kontext einfügt und gleichzeitig den Anforderungen einer modernen Stadtgesellschaft gerecht wird.

Das sechsgeschossige Bestandsgebäude wird in seiner Grundstruktur erhalten und in seiner Nutzung neu interpretiert. Die gewerblichen Flächen im Erdgeschoss bleiben bestehen, während die früheren Büroetagen zu zeitgemäßen Wohnungen ausgebaut werden. Die Umwandlung folgt dem Anspruch, die vorhandenen Räume zu öffnen, neu zu ordnen und in ihrer Tiefe nutzbar zu machen. Im Untergeschoss wird die Tiefgarage den Anforderungen nachhaltiger Mobilitätskonzepte angepasst; Fahrradstellplätze und Abstellräume ergänzen künftig das Angebot und schaffen funktionale Wertigkeit. Das ehemalige Mansarddach wird zurückgebaut und durch eine moderne Dachzone ersetzt, die die Silhouette des Bestands respektvoll weiterzeichnet und zusätzlichen Wohnraum schafft.

Zentrales Motiv der architektonischen Haltung ist die zurückhaltende Modernisierung. Die neue Fassade sucht keinen gestalterischen Bruch, sondern tritt in einen ruhigen Dialog mit der städtebaulichen Umgebung. Klassische Proportionsprinzipien werden in eine zeitgenössische Architektursprache übersetzt. Vertikale Elemente rhythmisieren das Volumen, horizontale Linien ordnen und fassen den Baukörper. Die Schließung einer bestehenden Nische entlang der Fallersleber Straße stärkt die städtebauliche Kante und führt zu einer klaren, ruhigen Fassadenflucht, die den historischen Blockrand ebenso würdigt wie den stadträumlichen Bezug zur benachbarten Katharinenkirche. Die Materialität bleibt bewusst hell und reduziert. Sie verleiht dem Gebäude eine zurückhaltende Präsenz und unterstreicht seine Rolle als verbindendes Element im Stadtgefüge.

Die Eingriffe folgen einem nachhaltigen Ansatz. Die energetische Modernisierung des Gebäudes umfasst die Erneuerung der Fassade, die Dämmung der Dachflächen und die Vorbereitung für die Nutzung erneuerbarer Energien. Der Ausbau der oberen Geschosse respektiert die vorhandene Tragstruktur und setzt die Höhenentwicklung des Bestands sensibel fort. Die neuen Staffelungen interpretieren das ursprüngliche Dachvolumen ohne es zu kopieren und schaffen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Eigenständigkeit und Einfügung.

Im größeren stadträumlichen Kontext knüpft das Projekt an die historische Entwicklung des Hagenmarkts an, dessen Identität seit dem Mittelalter durch markante Blockkanten und prägnante Eckbebauungen geprägt wurde. Der Entwurf greift diese ortsbildprägenden Merkmale auf und stärkt sie durch eine klare bauliche Setzung. Die neue Kubatur bleibt innerhalb der bestehenden Grundfläche, schafft jedoch durch ihre vertikale Ergänzung eine ruhige, gefasste Dachlandschaft, die die historische Struktur aufnimmt und den Stadtraum präziser fasst. Die Höhenentwicklung ordnet sich bewusst der stadträumlichen Dominante der Katharinenkirche unter und bewahrt deren Wirkung im Stadtbild.

Die baulichen Anpassungen, die aus der Umnutzung resultieren, folgen einem Ansatz der Stadtreparatur. Die Schließung der Fassadenlücke, die Neuinterpretation der Ecksituation und die geordnete Weiterentwicklung des Dachraums tragen dazu bei, die historische Stadtstruktur an dieser prominenten Stelle wieder klarer ablesbar zu machen. Die Transformation bleibt dabei stets respektvoll. Sie stärkt die räumliche Identität des Ortes, ohne die Geschichte des Bestands zu überlagern. So entsteht ein Gebäude, das sich in Maßstab, Haltung und Ausdruck zurückhaltend in das Ensemble einfügt und zugleich neue Qualitäten für Wohnen und Arbeiten an einem zentralen Ort der Stadt schafft.

BGF: 7.200m²
Bauherr: HMS Hagenmarkt GmbH, Braunschweig
Architekten: ft+ architekten, Braunschweig
Nachhaltigkeit: KFW KFN 40 EE
Leistungen: LPH 1 - 7 nach HOAI
Projektarchitekten: Tedi Lamani, Stefanie Kunze, Caroline Fischer
Mitarbeit: Philip Becker, Robert Schröder

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